Donnerkeile
Was gibt es Gesünderes, als bei Wind und Wetter am Strand entlang zu laufen? Rügen mit seinen vielen Kilometern Strandlänge eignet sich besonders dazu. Speziell im Frühjahr und im Herbst, wenn der Wind die Haare zaust und die Ostsee mit leichten Schaumkronen auf den Strand läuft, ist die Hoch-Zeit der Strandläufer.
Einheimische, aber auch Urlauber, sieht man dann gebeugten Hauptes mit Tüten und Eimern am Strand – sie suchen neben Strandgut unterschiedlichster Art nach Bernstein, Donnerkeilen und Feuersteinen. Mit etwas Glück finden sie Feuersteine mit einem durchgehenden Loch, das sind die Hühnergötter.
Donnerkeile – auch Belemniten genannt – sind die Fossilien, die sich am häufigsten an Küsten und in Kiesgruben finden lassen. Auf Rügen sind die besten Orte für die Suche nach ihnen die Steilküste zwischen Sassnitz und dem Königsstuhl.
Was aber sind Donnerkeile? Nach alten Überlieferungen sollen sie immer dann entstanden sein, wenn Thor, der germanische Gott des Donners, seine Blitze auf die Erde schleuderte. Um die eigene Behausung vor Thors Blitzen zu schützen, war es – so glaubten die Menschen damals –
sinnvoll, diese angeblich zu Stein gewordenen Blitze zu sammeln und im und am Haus aufzubewahren.
Darüber hinaus waren die Belemniten in jeder Haus-Apotheke zu finden, denn ihnen wurde Wirkung bei Nieren- und Blasen-Erkrankungen und Störungen des Magen-Darm-Traktes nachgesagt. Andere wieder sahen in ihnen Phallus-Symbole mit hoher Zauberkraft in Liebes-Dingen.
Doch die Wissenschaft hat eine andere Erklärung für die Entstehung der Donnerkeile. Danach handelt es sich dabei um ein versteinertes Skelett-Teil („Rostrum“) einer vor rund 65 Millionen Jahren – zeitgleich mit den Dinosauriern – ausgestorbenen Tintenfischart. Dieses Innenskelett bildeten die Belemniten aus Kalzit. So sind diese Fossilien regelrechte biologische Kalender, mit deren Hilfe erforscht werden konnte, wie es vor 70 Millionen Jahren, in der Kreidezeit, in den Meeren aussah.
Doch von alldem wird der „normale“ Strandläufer an Rügens Küsten nicht viel wissen wollen. Er sieht in den Donnerkeilen ein beliebtes Sammelobjekt, was sich gut auf der heimischen Fensterbank zur Schau stellen lässt. Wie auch die an einer Schnur oder Kette aufgehängten Hühnergötter an der Haustür.
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